Wer Barcelona besucht, sollte El Raval nicht verpassen. Das
einst anrüchige, als gefährlich bekannte Viertel, in dem traditionell ein hoher
Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund (wie man so schön sagt) wohnt, hat
sich innerhalb weniger Jahre zu einem der angesagtesten Ausgehviertel
entwickelt. Aber nicht nur nachts, auch tagsüber lohnt sich ein Besuch.
Immerhin befinden sich hier in Nähe des wunderschönen alten
Universitätsgebäudes auch das (schon so oft erwähnte) Museum für
zeitgenössische Kunst (Museu d'Art Contemporani de Barcelona – MACBA) sowie
jede Menge nette kleine Läden, Bars und Cafés in den engen Gassen. Und im
Herzen dieses Barrio: La mano loca.
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Zweite von links: La mano loca |
La mano loca (deutsch: die verrückte Hand) ist ein
Friseursalon, von denen es in El Raval zahlreiche gibt. Doch es ist nicht
irgendein Friseursalon. Seele des Ladens sind Nico und Noelia
(kurz: Noe),
die ihre Kunden mit Herz, Humor und Fingerfertigkeit erwarten. Spa, Beauty
& Personal Care versprechen die Mädels auf ihrer FB-Page.
Seit sieben Jahren gibt es La mano loca in der Carrer de
Ferlandina, 41. Gegründet von Nico, die vor 9 Jahren aus Nizza nach Barcelona
gezogen ist. Seit knapp 1,5 Jahren wird sie unterstützt von Noe,
die schon seit 12 Jahren im Geschäft ist. Kennengelernt haben sich die beiden
bei einer Freundin, inzwischen sind sie ein unschlagbares Team.
Halbe Sachen sind hier nicht angesagt: Jeden Tag sein
Bestmögliches geben – so das Motto. „Wir gehen gerne zur Arbeit“, erklärt Nico
– und spricht damit auch für Noe: „Das ist der erste Job, bei dem ich mich
nicht langweile“, meint sie. Platz für Verbesserung gibt es natürlich allem
Idealismus zum Trotz auch hier. Zuhause bei Nico werden Pläne ausgetüftelt, wie
man den Service noch verbessern kann, Vermarktungsideen entwickelt, Videos
umgesetzt.
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Nach Feierabend eine Zigarette: Noe (li) und Nico - Herz und Hand von La mano loca |
Hierher kommen nicht nur Kunden, die sich ihre Haarpracht verschönern lassen wollen. Das Sofa an der Wand ist regelmäßig besetzt von Freunden, Familie, Nachbarn und Leuten, die einfach ein Schwätzchen halten möchten. Ein 83jähriger Herr beispielsweise kommt jeden Tag vorbei und bringt den beiden Obst oder andere Leckereien. Eine Nachbarin bittet die Mädels, ihren englischen Lebenslauf Korrektur zu lesen. La mano loca ist nicht nur Friseursalon, sondern Treffpunkt für das ganze Viertel. Auf dem fünfminütigen Weg zur Arbeit wird Noe, die ums Eck wohnt, von 15 Leuten gegrüßt.
Als Nico angefangen hat, gab es in der Nachbarschaft
überwiegend altmodische Salons aus den 1960er Jahren. La mano loca selber
befindet sich ebenfalls in einem Salon von 1962, den Nico von der ehemaligen
Eigentümerin Marga übernommen hat.
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Die ehemalige Eigentümerin (re) legt Hand an die Braut |
Inzwischen hat sich jedoch einiges getan in El Raval. Es
gibt eine große Auswahl moderner Hairdressershops, auch zwei „gute“ in
unmittelbarer Nähe. Wettbewerb gibt es jedoch nicht. „Jeder hat seine Kunden,
keiner nimmt dem anderen was weg“, meint Nico.
Insgesamt hat sich einiges im Viertel verbessert, erklären
die beiden. Das haben auch die Touristen erkannt, de El Raval inzwischen –
ebenso wie die anderen Viertel Barcelonas – bevölkern. Dennoch muss man
unterscheiden: Im unteren Teil an der Rambla de Raval gibt es ungebrochen
„Negocio de noche“ mit Schlägereien, Drogen, Prostitution. Weiter oben, wo sich
auch La mano loca befindet, Tagesgeschäft. Die Grenze bildet die Carrer de
Hospital.
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Spannend und vielseitig - die unmittelbare Nachbarschaft von La mano loca |
„Ich fühle mich zu Hause“, sagt Nico. „Ich mag die Menschen,
das Leben hier. El Raval ist ein sehr familiäres Viertel, wo sich die Bewohner
kennen, miteinander reden und sich gegenseitig helfen. Gleichzeitig hat es ein Bohème-Flair. Das
Schicksal hat mich hierher geschickt. Nicht ich habe El Raval gewählt, das
Viertel hat mich gefunden.“
Apropos Veränderung: Wechsel ist auch im Salon angesagt. Regelmäßig alle paar
Monate ändert sich das Innen-Design, für die aktuelle Wandgestaltung ist Nicos
Bruder (Walls & Wonders) verantwortlich. „Ich verändere die Einrichtung,
wenn ich mich sattgesehen habe“, sagt Nico.
Ich habe die verrückten Hände gleich selber ausprobiert –
erstens, weil ein Friseurbesuch dringend notwendig war und zweitens, weil ich
sehen wollte, ob das FB-Versprechen (s. o.) eingehalten wird. Kann ich nur
bestätigen: Bei La mano loca fühlt man sich gut aufgehoben – auch mit widerspenstigen
dicken Locken:-). Und
das ist das Resultat:
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