Die ursprüngliche Idee dieses Blogs war, nicht nur Barcelona als Stadt vorzustellen (denn dass die toll ist, weiß sowieso jeder, der schon mal dort war), sondern auch die Menschen, die tatsächlich da wohnen. Und was könnte besser in die Reihe aktueller Blogposts zum Thema „international“ passen als: der Bazar chino. Diese Art von Läden, in denen man wirklich alle Basics für den täglichen Gebrauch zu einem sehr günstigen Preis findet, gibt's in Barcelona an jeder Ecke - und einer davon ist bei mir unten im Nachbarhaus.
Vor meiner ersten Begegnung haben mir bereits Einheimische auf
die Frage, wo man denn Fackeln für ein Strandpicknick bekäme, geantwortet: Im „Bazar chino“ (oder in der „Tienda de chinos“).
Und nach meinem Umzug in das WG-Zimmer in Eixample war eine meiner ersten
Amtshandlungen der Kauf einer neuen Nachttischlampe, nachdem das gute
IKEA-Stück nach viel Sirren und Brummen den Geist aufgegeben hatte.
Betrieben wird „mein“ Laden von einem chinesischen Ehepaar
Ende 30 bzw. Mitte Vierzig, das schon seit ungefähr 17 Jahren in Barcelona
wohnt. Der „Multi Món“ – so der Name des Allzweckgeschäfts und Retter in der
Not – ist nicht ihr erstes Projekt. Vorher hatten sie eine Bar und einen
Klamottenladen. Aber in der Carrer de Rocafort sind sie inzwischen seit vier
Jahren. Hier gehen hauptsächlich Einheimische einkaufen, wenig „extranjeros“,
maximal Ausländer, die hier arbeiten. Mit den Nachbarn und grundsätzlich mit
den Menschen in Barcelona verstehen sie sich gut, man komme schnell ins
Gespräch.
Der beste Monat ist Dezember im Weihnachtsgeschäft, wie
sicherlich überall im Einzelhandel. Auf alle Fälle ist hier immer reger
Betrieb, auch wenn sich die Käufer nicht auf die Füße treten. In den 20 Minuten,
in denen ich da bin, fragen mindestens fünf Leute nach etwas Bestimmten – und in
den meisten Fällen kann ihnen Maria* helfen. „Wir sind
nicht reich, aber wir können überleben“, meint sie.
Warum Barcelona, warum Eixample?
Eixample ist ein recht ruhiges Wohnviertel in Barcelona.
Wenn auch von der Fläche her riesig (daher aufgeteilt in L'esquerra
de l'eixample und La dreta
de l'eixample, es erstreckt sich vom Hauptbahnhof Sants Estació im Westen bis
hin zur Sagrada Familia im Osten), beschränken sich die Partymöglichkeiten doch
sehr. Sicherlich gibt es viele Familien wie die von Maria, die mit ihrem Mann
und zwei Söhnen hier ganz „normal“ wohnt. Ordinary Life gibt es also auch in
Barcelona. Besonders stolz ist Maria auf den jüngeren Sohn (10 Jahre), ein talentierter
Fußballer, dessen Traum es ist, bei Dortmund zu spielen. Samstag und Sonntag
geht die Familie auf den Platz, um sich das Spiel des Sohnes im „Club Esportiu Júpiter“ anzuschauen. Der 14jährige Sohn ist dafür ein Überflieger in
der Schule, der nur die besten Noten mit nach Hause bringt. „Ihn interessiert
einfach alles“, sagt Maria.
Sehnsucht nach China? Nein. Aber einmal im Jahr reisen sie
dorthin, obwohl der Großteil der Familie inzwischen in Barcelona wohnt.
Und Träume? Keine bestimmten. Der Mann wollte immer mal
Profifußballer bei Bayern München werden. „Aber jetzt bin ich zu alt und schaue
nur noch zu“, sagt er auf Deutsch. Denn er hat vor Ewigkeiten einige Jahre in
Berlin gewohnt und war dort auf einer Sprachschule. Maria hat Träume für ihre
Söhne. Sie würde am liebsten ihren Jüngsten „mit Messie spielen“ sehen und den
großen an einer großen Universität in den USA studieren.
„Und, würde so ein Laden auch in Deutschland laufen?“ Puh,
gute Frage. „Kommt auf das Viertel an“, meine zugegebenermaßen etwas
ausweichende Antwort.
Und zum Abschluss eine User-Review auf Yelp: „A new bazaar in the neighborhood. I must say it's very well organized,
not like some of the others where the store seems so cluttered and
difficult to find things." Dem schließe ich mich an.
PS: Meine Lampe lebt übrigens immer noch!
* Name auf Wunsch geändert