Barcelona für vier Monate

Barcelona für vier Monate

Montag, 31. August 2015

Kurz vorgestellt: Der Bazar chino


Die ursprüngliche Idee dieses Blogs war, nicht nur Barcelona als Stadt vorzustellen (denn dass die toll ist, weiß sowieso jeder, der schon mal dort war), sondern auch die Menschen, die tatsächlich da wohnen. Und was könnte besser in die Reihe aktueller Blogposts zum Thema „international“ passen als: der Bazar chino. Diese Art von Läden, in denen man wirklich alle Basics für den täglichen Gebrauch zu einem sehr günstigen Preis findet, gibt's in Barcelona an jeder Ecke - und einer davon ist bei mir unten im Nachbarhaus.



Vor meiner ersten Begegnung haben mir bereits Einheimische auf die Frage, wo man denn Fackeln für ein Strandpicknick bekäme, geantwortet: Im „Bazar chino“ (oder in der „Tienda de chinos“). Und nach meinem Umzug in das WG-Zimmer in Eixample war eine meiner ersten Amtshandlungen der Kauf einer neuen Nachttischlampe, nachdem das gute IKEA-Stück nach viel Sirren und Brummen den Geist aufgegeben hatte.




Betrieben wird „mein“ Laden von einem chinesischen Ehepaar Ende 30 bzw. Mitte Vierzig, das schon seit ungefähr 17 Jahren in Barcelona wohnt. Der „Multi Món“ – so der Name des Allzweckgeschäfts und Retter in der Not – ist nicht ihr erstes Projekt. Vorher hatten sie eine Bar und einen Klamottenladen. Aber in der Carrer de Rocafort sind sie inzwischen seit vier Jahren. Hier gehen hauptsächlich Einheimische einkaufen, wenig „extranjeros“, maximal Ausländer, die hier arbeiten. Mit den Nachbarn und grundsätzlich mit den Menschen in Barcelona verstehen sie sich gut, man komme schnell ins Gespräch. 

Der beste Monat ist Dezember im Weihnachtsgeschäft, wie sicherlich überall im Einzelhandel. Auf alle Fälle ist hier immer reger Betrieb, auch wenn sich die Käufer nicht auf die Füße treten. In den 20 Minuten, in denen ich da bin, fragen mindestens fünf Leute nach etwas Bestimmten – und in den meisten Fällen kann ihnen Maria* helfen. „Wir sind nicht reich, aber wir können überleben“, meint sie.




Warum Barcelona, warum Eixample?


Eixample ist ein recht ruhiges Wohnviertel in Barcelona. Wenn auch von der Fläche her riesig (daher aufgeteilt in L'esquerra de l'eixample und La dreta de l'eixample, es erstreckt sich vom Hauptbahnhof Sants Estació im Westen bis hin zur Sagrada Familia im Osten), beschränken sich die Partymöglichkeiten doch sehr. Sicherlich gibt es viele Familien wie die von Maria, die mit ihrem Mann und zwei Söhnen hier ganz „normal“ wohnt. Ordinary Life gibt es also auch in Barcelona. Besonders stolz ist Maria auf den jüngeren Sohn (10 Jahre), ein talentierter Fußballer, dessen Traum es ist, bei Dortmund zu spielen. Samstag und Sonntag geht die Familie auf den Platz, um sich das Spiel des Sohnes im „Club Esportiu Júpiter“ anzuschauen. Der 14jährige Sohn ist dafür ein Überflieger in der Schule, der nur die besten Noten mit nach Hause bringt. „Ihn interessiert einfach alles“, sagt Maria.

Sehnsucht nach China? Nein. Aber einmal im Jahr reisen sie dorthin, obwohl der Großteil der Familie inzwischen in Barcelona wohnt.

Und Träume? Keine bestimmten. Der Mann wollte immer mal Profifußballer bei Bayern München werden. „Aber jetzt bin ich zu alt und schaue nur noch zu“, sagt er auf Deutsch. Denn er hat vor Ewigkeiten einige Jahre in Berlin gewohnt und war dort auf einer Sprachschule. Maria hat Träume für ihre Söhne. Sie würde am liebsten ihren Jüngsten „mit Messie spielen“ sehen und den großen an einer großen Universität in den USA studieren.

„Und, würde so ein Laden auch in Deutschland laufen?“ Puh, gute Frage. „Kommt auf das Viertel an“, meine zugegebenermaßen etwas ausweichende Antwort.


Und zum Abschluss eine User-Review auf Yelp: A new bazaar in the neighborhood. I must say it's very well organized, not like some of the others where the store seems so cluttered and difficult to find things." Dem schließe ich mich an.

PS: Meine Lampe lebt übrigens immer noch!

* Name auf Wunsch geändert

Ein Salat zum (Noch)Wochenstart



Was passt besser nach einer „Völlerei“ am Wochenende und hochsommerlichen Temperaturen als ein Salat? In einer Stadt am Meer liegt es natürlich nahe, diesen mit Meeresfrüchten oder fischigen Leckereien aufzupeppen.

Sommersalat mit Langostinos




Für 2 Personen:
10 Langostinos (oder Riesengambas)
1 Tüte gemischten grünen Salat
150g Cocktailtomaten
1 Nektarine
Kernemischung (bspw. Sonnenblumen-, Kürbis-, Pinienkerne)
½ Avocado
2 – 3 Knoblauchzehen
2 EL Öl zum Anbraten
4 EL Olivenöl fürs Dressing
Saft von 1 Zitrone
Meersalz, Pfeffer, Paprikapulver, Zucker (oder Honig)

Langostinos mit Öl und in Scheiben geschnittenem Knoblauch anbraten, salzen und pfeffern. Salat waschen (falls er nicht schon entsprechend präpariert ist). Cocktailtomaten und Nektarine waschen, in Würfel schneiden, ebenso die geschälte Avocado. Aus den übrigen Zutaten ein Dressing bereiten und über den Salat geben. Ganz am Schluss die Langostinos dazu und Kerne drüber. Buen provecho!

Montag, 24. August 2015

Abstecher nach Frankreich


Schon wieder mehr als zwei Wochen her seit dem Kurztrip nach Montpellier. Zeit für eine kleine Zusammenfassung.


Mittagessen im SNCF


Von Barcelona nach Montpellier kommt man wunderbar mit dem Zug in einer Direktverbindung von knapp drei Stunden (planmäßig) und gut 100 Euro ins Nachbarland. Zeit für einen späten Mittagssnack: Pan con Tomate mit wieder verschließbarer Mini-Olivenöl-Flasche (ich konnte gerade noch meine Retro-Kaufmannsladen-Euphorie zurückhalten und habe sie NICHT eingesteckt).



Und dazu dieser Ausblick

In Montpellier ist es keineswegs wesentlich kühler als in Barcelona, also in der Nachmittagshitze zum Hotel Le Mistral, das in Fußnähe zum Bahnhof ist (einmal am Sexshop vorbei). Übrigens ein süßes kleines Hotel mit wenigen Zimmern, die alle unterschiedlich eingerichtet sind. Nur die Hitze staut sich in dem überschaubaren Raum, der mehr oder weniger nahtlos in die Dusche übergeht.

Auf dem Weg in die Altstadt zum Abendessen beim Italiener (wo sonst:-)), gibt es an jeder Ecke einen schönen Platz mit schnuckeligen Restaurants und Cafés zu entdecken – eines schöner als das andere. Der Abschluss einige Bars und Stunden später: Das Rockstore. Gut gemischte Musik, Chevy aus der Wand am Eingang und eines der teuersten Biere mit mehr als 7 Euro – aber gute Stimmung!

Am zentralen Place de la Comédie

Für sexy Dessous war auch gesorgt

Urlaub im Urlaub


Historisches Flair beim Dorffest in Pérols, eine halbe Stunde Tramfahrt von Montpellier entfernt, zu dem uns eine Freundin überredet hat. An der Station Pérols Centre sieht es erstmal gar nicht nach Zentrum aus, eher nach Parkplatz und Nirvana. Aber wenige 100 Meter weiter laufen wir schon auf eine schöne romanische Kirche zu. Bei der Fête de la Saint-Sixte, die zu Ehren des Schutzpatrons gefeiert wird, ist so ziemlich alles geboten: vom (aus Tierschutzsicht nicht unbedenklichen) Stierärgern in der Arena bzw. -treiben in der Straße und Live-Musik über Merguez (würzige arabische Bratwurst) am Imbisstand, langen Tafeln am Hauptplatz, an denen sich Bewohner jeglichen Alters niederlassen, bis hin zu einer Prozession, bei der besagter Schutzpatron – begleitet von einer Kavallerie – durch die Gassen getragen wird.



Fotos: Annika Hörster

Wenn man mit der Tram L3 übrigens bis zur Endhaltestelle Pérols Etang de L'or fährt, kommt man mit dem Bus in wenigen Minuten zum Strand.

Zurück in Montpellier liegt am Freitag ein langer Sightseeing-Tag vor uns: Arc de Triomph, Botanischer Garten und Markthallen. Und als krönenden Abschluss gibt es am Freitagabend auf der Esplanade noch das „Estival“: Zahlreiche Verkaufs- und Verzehrstände mit regionalen Spezialitäten wie Aligot (ein Kartoffelbrei-Käse-Gemisch). Das Besondere: Die Winzer aus dem Languedoc verköstigen hier ihre Weine. Für 5 Euro erwirbt der Besucher ein Weinglas und das Recht auf drei Mal Refill.


Essen wie Gott in Frankreich
Montpellier im Umbau

Ruheoase mitten in der Stadt: Café und Klamotten


Was die Deutsche Bahn kann, kann die französische schon lange: Während die 15 Minuten auf dem Hinweg noch harmlos waren, steigerte sich die Verspätung auf der Rückfahrt einfach mal auf eine Stunde (Durchsagen dazu verzögert und nicht aktualisiert). Aber irgendwie kommt man ja immer an. Und: C’était un plaisir!

Mittwoch, 5. August 2015

Das kommt mir gar nicht spanisch vor… Barcelona international



Ein Teil des Charmes, den Barcelona verströmt, ist sicherlich durch das internationale Flair bestimmt. Nicht nur, dass jedes Jahr fast acht Millionen ausländische Besucher die Stadt erobern (oder zumindest erkunden wollen). Hier wohnen auch temporär zahlreiche ausländische Studenten und Expats aus anderen Ländern. Die Stadt stellt sich darauf ein. Inzwischen spricht jeder, der in irgendeiner Form in einem Touri-Hotspot arbeitet, englisch. Zudem gibt es aber gerade für Leute, die länger in der katalanischen Metropole verweilen, ein großes internationales Angebot.



Wie in allen größeren Städten bietet das Netzwerk InterNations auch in Barcelona eine ganze Reihe an Veranstaltungen verschiedenster Couleur an: von Weinproben, Rooftop-Terrace-Drinks über Partys, Konzerte, Kino bis hin zu Kultur und sportlichen Ausflügen. Positiv überraschend (zumindest für mich) war, dass bei diesen Events auch regelmäßig – abgesehen natürlich von den Ambassadors, die das Ganze organisieren – einige Einheimische (also „echte“ Katalanen) dabei sind und man so nicht nur den Blick von außen hat in der Enklave an Teilzeitbarcelonesen, in der man sich bewegt. Eine der ersten Aktionen: polnischer Musikabend in einem Gemeindezentrum im Stadtteil Gràcia.


Auch very international das Dokumentarfilmfestival DocsBarcelona, das vom 25. bis 31. Mai seine Pforten öffnete. Gleich zwei Preise sicherte sich die internationale Koproduktion THE LOOK OF SILENCE von Joshua Oppenheimer, und zwar den Publikumspreis sowie den Amnesty International Catalunya Preis. Der Film begleitet auf eindringliche Weise die Konfrontation eines Überlebenden des indonesischen Genozids mit den Tätern, die seinen Bruder auf dem Gewissen haben. Wesentlich leichtere Kost war der Hauptpreisgewinner TEA TIME von Maite Alberdi, der als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde. Seit 60 Jahren treffen sich fünf chilenische Damen im besten Alter zu Tee, Kuchenleckereien und Klatsch – und berichten ganz nebenbei über die Veränderungen, die das Land seit ihren Jugendtagen erfahren hat.





Sprachlich bietet Barcelona ebenfalls mehrere Möglichkeiten des "Intercambio". Zum einen gibt es verschiedene Online-Plattformen, über die man Tandempartner zum 1:1-Austausch suchen kann. Zum anderen koordiniert eine Initiative namens Aprenem (katalanisch für „Lernen“) kostenfrei Kurse für alle möglichen Sprachen. Diese basieren ebenfalls auf dem Tandem-Prinzip Lernen und Lehren. Ich biete Deutsch und lerne dafür Castellano – oder vielleicht irgendwann auch mal Catalán. Wie die „Lehrer“ die Stunden gestalten, bleibt ihnen selber überlassen, es gibt keinen festen Stundenplan und auch kein Unterrichtsmaterial. Gute Alternative, wenn man sich nicht für einen Monat und mehr als 100 Euro an eine Sprachschule binden möchte, auch wenn der Ablauf manchmal etwas chaotisch wirkt, die Schüler sich natürlich nicht unbedingt auf dem gleichen Niveau befinden und sich manchmal auch nicht gleich klar erkennen lässt, wer Lehrer und wer Schüler ist.


Merienda bavaresa (bayerische Brotzeit)



Und dann – last but not least – noch eine internationale Begegnung: bayerische Brotzeit für meine Kollegen im spanischen Büro (aufgrund der großen Nachfrage mit bayerischem Bier:-), Online-Bestellung unter: http://www.cervezainternacional.net/). Prost oder Salud!





PS: Im Sinne der Internationalität verabschiede ich mich hiermit zu einem Kurztrip ins französische Montpellier.